Rundbrief Nr. 40 – Herz-Jesu-Monat
Juni – 15. Juni 2017 - Das Herz Jesu ist die Quelle der Barmherzigkeit
Das Herz Jesu ist die Quelle der
Barmherzigkeit
Betrachtung zum sechsten Tag des
Novenengebetes
Betrachtung zum sechsten Tag des
Novenengebetes von Abbe Pierre Gendron, (+) dem Gründer der
Herz-Jesu-Familie
Nach seiner Auferstehung sendet
Jesus seine Apostel in einer ganz besonderen Mission aus. Bis jetzt
hat nur Er allein Sünden nachgelassen und zu vielen das befreiende
Wort gespro-chen: „Geh, deine Sünden sind dir vergeben!“
Wie viele haben die Existenz dieses
wunderbaren Verzeihen, das von Gott kommt, vergessen. Mein
Priesteramt beweist es mir immer wieder, wie auch diejenigen, welche
die Gnade und die Freude gehabt haben, die Verzeihung Gottes zu
finden, oder sie wieder zu entdecken und eine große innere Befreiung
erlebt haben. Leben ohne Verzeihung ist erdrückend und er-stickend;
die Verzeihung annehmen, verschafft die Fähigkeit, die Wirklichkeit
seines Lebens anzunehmen, das geschaffen ist nach dem Ebenbild
Gottes und unendlich von Ihm geliebt wird.
Wir sind so sehr von Gott geliebt,
daß Er uns nicht unserem Sündenelend überlassen wollte. Nie
werde ich das geheimnisvolle Wirken des Sakramentes der Versöhnung
in einer Realschule von 800 Mädchen vergessen. Von Klasse zu Klasse
gingen wir die Mädchen einladen und vorbereiten, die Verzeihung
Gottes zu empfangen. Die Direktion glaubte, daß kaum jemand beichten
würde. Zu ihrem großen Erstaunen fehlte es uns an der Zeit, alle zu
empfangen. Wie viele Mädchen gingen aus dem Amtszimmer, lachend und
sogar springend vor Freude. Mehrere waren wie erstickt durch die
geheime Sünde in ihrem Herzen und hörten sich sagen, daß Gott ihr
Herz und ihre Sünde kennt, und daß es sein Wunsch ist, ihnen zu
verzeihen.
Das Bild vom Bußsakrament war
früher manchmal verschieden vom Evangelium. Für manche war Gott nur
ein anspruchsvoller, strenger Richter. Viele gaben darum entmutigt
auf. An-deren gelang es zu scheinen, als ob sie „jemand“ wären,
schienen Tugenden zu besitzen nur Sünden stellten sie bei sich nicht
fest. Die Folgen davon sind Intoleranz, Ablehnung, Unverständnis und
sogar Verdammung der anderen, und das größte Unglück, ein sich
Verschließen für das Licht und die Wahrheit.
Eines Tages sagte Jesus zu den
Pharisäern: „Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt
aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.“(Joh 9, 40)
Auch Saul glaubte sich gerecht und gerettet. Im Namen seines Gottes
hat er den Mord an Stephanus erlaubt und die Christen verfolgt. Durch
außergewöhnliche Gnade hat Jesus ihn aus seinem Dunkel befreit.
Saul hat das wahre Licht erkannt: Christus! Nach seiner Bekehrung
sagte Paulus: „Es gibt keinen einzigen Gerechten; alle waren wir
eingeschlossen in das Gesetz der Sünde, damit wir alle durch
Christus erlöst würden.“ Endlich rief Paulus aus: „Nicht mehr
ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Er hat demütig anerkannt,
ein finsterer Sünder zu sein und Christus mit dem erbarmungsvollen
Herzen angenommen.
Sind wir nicht alle in Gefahr und
versucht durch dieses Pharisäerbild? Zählen wir uns nicht auch
manchmal zu den Gerechten gegenüber den Elenden? Auch die Apostel
machten es so. Was fehlte ihnen? Was fehlt uns? In uns sind 12
Apostel, die schlafen, fähig, bei Gelegenheit aufzuwachen. Auch ein
Judas kann in uns in Erscheinung treten. Wir sind alle fähig, Jesus
zu verraten durch unsere persönlichen Sünden, etwa eine fesselnde
Vorliebe für uns selber (Egoismus) oder für andere Personen und
Dinge dieser Welt.
Das Herz Jesus an die heilige
Schwester Faustina: „Was mich verwundet, ist die Sünde, aber was
mir das Herz zerreißt das ist der Mangel an Vertrauen meiner
Getauften und Gottgeweihten! Wenn auch eine Seele schwarz wäre wie
Kohle, sie soll sich mir anvertrauen. Sogar wenn sie eine Leiche in
Verwesung wäre, sollte sie zu mir kommen, denn ich werde ihr meine
Barmherzigkeit schenken. Die Seele, die sich mir anvertraut, ist
glückselig, denn ich selbst werde mich ihrer annehmen.“ Der
Mangel an Vertrauen verhindert, daß wir zu Gott zurückkehren und
daß wir bei Erkenntnis unserer Sünde Ihn um Verzeihung bitten.
Das war die Sünde des Judas: Er hat
Jesus als Retter abgelehnt und sich geweigert, seine Sünden zu
bekennen, sie zu bereuen, zu beweinen und zu verabscheuen. Es ist
furchtbar, wenn wir nicht mehr unter der Sünde leiden. Der Schmerz
über die Sünde hat nur einen Ausweg: Man muß ihn Jesus übergeben.
„Denn all das hat meine Hand gemacht; es gehört. mir ja schon -
Spruch des Herrn. Ich blicke auf den Armen und Zerknirschten und auf
den, der zittert vor meinem Wort.“ (Is.66, 1-2) Nur im Glauben, im
Vertrauen, mit zerknirschtem Herzen gefallen wir Gott.
Das Urteil Gottes ist in die Hände
Jesu Christi gelegt. Er ist von seinem Vater beauftragt, un-sere
Herzen aus Stein in Herzen aus Fleisch zu verwandeln. Das Leiden, das
durch unsere wiederholten Sünden entstanden ist, gräbt in uns den
Platz für die Gnade frei und führt zur Einsicht, daß allein das
Herz Christi rettet. Es ist die Wüste, in die wir geführt werden,
damit Gott zu unseren Herzen sprechen kann.(Hos.2, 16) „Schafft
euch ein neues Herz und einen neuen Geist.“ (Ez 18,.31) Und Gott
verspricht, selbst zu vollbringen, was Er verlangt. „Ich werde euch
reinigen, Ich werde euch ein neues Herz geben, und Ich werde einen
neuen Geist in euch legen.“ (Ez 36,.25)
Papst Johannes Paul II. sagte in
einer Ansprache, daß Jesus entscheidet, wann Er unsere Herzen
umwandeln wird. Für uns ist es das Wichtigste, immer zu hoffen, auch
gegen alle Hoffnung.
„Heiliger Geist, komm und hoffe in
mir. Ich fühle, daß ich alles aufgeben könnte, in Gleichgültigkeit
falle oder den Mut verliere. Ich fühle, daß alles in meinem Leben
scheitert. Beim Anblick meiner Armseligkeit, meiner Seele, die in dem
Morast der Sünde eingetaucht ist, meines Fallens und meiner
Rückfälle, macht der eingeschlagene Weg mir Angst. Ich zweifle,
bete kaum noch, habe die Sakramente aufgegeben. O laß mich nicht
los, Du, der Du Gott bist, ich aber nichts.“
Die Stunde Gottes ist nicht die
Stunde unserer Ungeduld, aber die Stunde unseres Bekenntnisses, das
aus dem Vertrauen in die unermeßliche Güte Gottes kommt. „Die
Jünger sagten zueinander: „Wer kann dann noch gerettet werden?“
Jesus sah sie an und sagte: „Für Menschen ist das unmöglich, aber
nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“ (Mk 10,. 27)
Petrus hat die Erfahrung des göttlichen Erbarmens gemacht. Er hat
Jesus verleugnet, aber sei-ne Sünde bereut und beweint und die
angebotene Barmherzigkeit Gottes angenommen. Er hat das Wort Jesus
begriffen: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“, und auch „ihr
seid nichts.“
„Herr, wir bitten Dich um die
Gnade, uns in die Nachfolge von Petrus zu führen, dem Verzeihung
zuteil wurde und der die Schlüssel der Verzeihung hat.“
Die Apostel haben bei der ersten
Begegnung mit Jesus nach seiner Auferstehung den Hauch des Heiligen
Geistes empfangen und den Auftrag, Sünden zu vergeben. Die Sünder
werden in dem Maße vergeben, wie wir sie anklagen. Das schönste
Bild, das diese Notwendigkeit bestätigt, ist das Gleichnis vom
verlorenen Sohn. Dieser hat sich zur Wahrheit bekannt und diese hat
in ihm die Demut erzeugt. Ein Gang der Versöhnung verlangt viel
Demut. Gott gibt sie dem, der sich vor Ihm als Sünder bekennt. Diese
Gnade der Demut hat dem Sohn die Fähigkeit gegeben, zu seinem Vater
zurückzukehren, um ihm zu sagen: „Vater, ich habe gesündigt gegen
den Himmel und vor dir.“ Der Vater unterließ nichts, um dem Sohn
zu zeigen, daß er ihm verziehen hatte. Der Sohn ist wieder richtig
das Kind des Vaters geworden: „Mein Sohn war tot und lebt nun
wieder.“
Auch wir bekommen das Leben der
Seele wieder zurückgeschenkt, wenn wir demütig zum Vater
zurückkehren, nicht nur, wenn wir unsere Sünden erkennen, sondern
sie auch im Bußsakrament anklagen, wie es dem Evangelium und dem
Plan Gottes entspricht. Der Priester, ein sündiger Mensch unter
sündigen Menschen, at die Macht, Sünden zu vergeben, von Jesus
erhalten: „Ich spreche dich los, ich verzeihe dir. Im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Die Heilige Schrift sagt: „Sie
werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.“ Die Betrachtung
Jesu mit der geöffneten Seite verbindet uns mit Gott, der die
belebenden Ströme seiner Barmherzigkeit und seiner zärtlichen Liebe
in uns ergießt. Hören wir auf die geheimnisvolle und liebende
Einladung Jesu, der sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt
und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen;
denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe
finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht und meine Last
ist leicht.“ (Mt 11, 28-30) - + Abbe Pierre Gendron - Dieser
Rundbrief wurde 1994 von der inzwischen verstorben Frau Maria Flesch
verfaßt.